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Interview: "Die ETA wächst mit ihren Teilnehmern!"

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© Delgado
02.05.2024

Max van Bentum, ehemaliger Teilnehmer der Entrepreneurship Talent Academy (ETA) und junger Gründer im Interview mit der Karl Schlecht Stiftung (KSG).

Der Abiturient Max van Bentum gehörte im vergangenen Jahr zu den Teilnehmern der ersten Staffel der Entrepreneurship Talent Academy (ETA), welche die Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) in Kooperation mit der Karl Schlecht Stiftung fördert.

Das durchlaufene Programm hat bei ihm nachhaltig gewirkt. Es war bei ihm der Katalysator für etwas Neues und um etwas Eigenes zu starten. Nun ist Max selbst Unternehmer. Bei der diesjährigen Staffel der ETA kam er in einer neuen Rolle als Experte dazu. Auf der Abschlussveranstaltung der ETA, der futureCon, konnte er seine bisherigen Erfahrungen lebensnah an die neuen Teilnehmer weitergeben und war auch als tatkräftiger Helfer beim Event aktiv. Sofia Delgado sprach für die KSG mit ihm über die ETA, aber auch über das Leben an sich.  

KSG: „Wie hat sich dein Leben seit der Teilnahme an der ETA im letzten Jahr entwickelt?“

Max: „Es hat sich bereits am zweiten Tag meiner Teilnahme an der Veranstaltung entwickelt. Damals bei der Auftaktveranstaltung in Frankfurt war ein junger Gründer dabei, David Leng, der das Pilot-Projekt „Pocket-Pay“ entwickelt hat. Da wurde mir klar, er ist 17 Jahre alt und macht daneben Abitur, warum kann ich das nicht machen? Das war die erste Motivation, die mir nach der ETA sehr viel geholfen hat, selbst eine Idee zu entwickeln und daran zu arbeiten.

Ich habe dann erstmal angefangen zu coden und einen kleine Prototypen gebaut, um herauszufinden, ob meine Idee technisch überhaupt möglich ist. Durch Glück habe ich dann die richtigen Menschen kennengelernt und im dreimonatigen Programm H_Ventures der Goethe Universität Frankfurt, des TechQuartiers Frankfurts und mehrerer Ministerien des Landes Hessens teilgenommen. Dort habe ich es als jüngster Teilnehmer mit meiner Idee geschafft, unter 80 Start-ups mit einem Durchschnittsalter von 33 Jahren den zweiten Platz zu erzielen. Durch das intensive dreimonatige Programm erlernte ich die Grundlagen des Unternehmertums. Danach habe ich meine Firma „Artificy“ (www.Artificy.de) gegründet.“  

KSG: „Was genau möchtest du denn verbessern mit deiner Idee?“

Max: „Ich habe festgestellt, dass es ziemlich schwierig ist, beim Arzt Termine zu bekommen. Entweder wird man weggedrückt oder man wird nicht durchgestellt oder man hängt ewig in der Warteschleife. Der Markt dafür ist mit 100.000 Arztpraxen groß, zusätzlich gibt es noch Krankenhäuser.

Ich haben mit vielen Ärzten und Arzthelferinnen gesprochen. Letztere sagten mir, dass sie diese Telefondienste und Terminierungen noch zusätzlich zu ihrer Arbeit machen, zu der sie gar nicht ausgebildet wären, da sie medizinische Fachkräfte sind. Das Telefonklingeln verursacht ein hohes Stresslevel. Dafür möchte ich eine Lösung entwickeln.

Wir haben mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) ein Programm konzipiert, das wie ein echter Mensch Termine oder Informationen vermitteln kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass die KI mehrere Gespräche gleichzeitig führen kann und rund um die Uhr erreichbar ist. Darüber hinaus haben wir eine digitale Plattform entwickelt, auf der die Patienten Termine direkt buchen können. Sie werden mit dem Praxiskalender des Arztes verbunden.

Mein Team besteht aktuell aus zwei Vollzeitentwicklern, einem Frontend-Designer, einer Person für den Vertrieb, einer Person für den Brand-Aufbau und mir. Ich kann zwar auch entwickeln, aber die Zeit ist gerade etwas knapp neben dem Abitur und somit muss ich mich auf die relevanten Aufgaben fokussieren.“

KSG: „Was sind die Herausforderungen, vor denen du gerade stehst?“

Max: „Der Arztpraxenmarkt ist schwierig. Er ist ein sehr traditioneller Markt. Der Vertrieb ist dadurch nicht einfach. Man muss andere Wege gehen, um die Ärzte zu erreichen. Mit einem Anruf ist es eher nicht getan. Darauf werde ich mich jetzt in nächster Zeit konzentrieren.“

„Die ETA ist ein Augenöffner“

Max van Bentum
ETA-Absolvent

KSG: „Was nimmst du als Gesamtes vom ETA-Programm mit?“

Max: „Die ETA ist ein Augenöffner. Im Anschlussprogramm habe ich die Methoden gelernt, um Ideen zu entwickeln. Und im nächsten Schritt geht man dann analytisch heran. Man hat die Grundlagen gelernt, aber man muss immer weiterlernen. In dem halben Jahr Programm hat man noch nicht alles gelernt. Ich bin immer noch ziemlich am Anfang. Was ich aber mitnehme ist, dass ich die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, immer noch regelmäßig sehe. Es sind Freundschaften daraus geworden“ . 

KSG: „Kann man an der ETA deiner Meinung nach noch etwas verbessern?“  

Max: „Ja, zum Beispiel ist es sehr schade, dass es auf eine kleine Teilnehmerzahl begrenzt ist. Ich weiß nicht, wie man dafür eine Lösung finden kann. Eigentlich ist die ETA ein Schulfach, das jeder Schüler und jede Schülerin mal durchlaufen sollte. Dieses Jahr fand ich zum Beispiel die Methode zur Teamzusammensetzung viel besser als im vergangenen Jahr. Das fand ich gut, dass das verändert wurde. Die Veranstaltung ist noch neu und entwickelt sich stetig weiter. Mit ein paar Ideen kann man sicherlich auch für das nächste Jahr wieder etwas verbessern. Die ETA wächst mit ihren Teilnehmern. Sie ist ein super Programm und hat einigen Personen den ersten „Kick“ in die Selbstständigkeit gegeben.“

Man muss sich trauen Fehler zu machen, um aus diesen zu lernen!

Max van Bentum

KSG: „Wie sieht es bei dir mit der Liebe zum Tun aus. Bist du immer bereit, die Extrameile zu gehen?“

Max: „Vor neun Monaten haben wir bei der ETA futureCon einen Zettel mit Fragen bekommen, was man in fünf Jahren erreicht haben will. Dieser Zettel ist mir durch Zufall aktuell in die Hände gekommen. Dort hatte ich geschrieben, dass ich vom Perfektionismus loslassen möchte. Das habe ich im letzten Jahr erreicht. Ich war immer der Perfektionist. Ich habe realisiert, dass wenn ich so bleibe, ich auf gar keinen Fall ein Business aufziehen kann. Der Grund: Wenn man alles perfekt machen will, baut man 10 Jahre an einem Produkt und bringt es dann auf dem Markt, was keiner mehr haben will. Man muss sich trauen Fehler zu machen und aus diesen zu lernen. Das war essenziell, um Schule und mein Startup unter einen Hut zu bekommen. Meine Schule unterstützt mich und hat mich auf 28 Schulstunden die Woche freigestellt, aber auch nur solange ich die Leistung erbringe. Nebenbei arbeite ich noch 40 Stunden die Woche für mein Startup, letzten Monat waren es noch 60 Stunden. Jetzt muss ich halt viel für das Abitur lernen. Ich gehe immer die Extrameile, wenn es sein muss!“

KSG: „Worin siehst du deine persönlichen Stärken?“

Max: „Zunächst einmal bin ich Holländer und extrovertiert. Ich mag es sehr gerne Menschen kennenzulernen und das hilft mir. Auf der anderen Seite bin ich ein Stratege und logischer Denker. Ich schaue gerne, welche Möglichkeiten es gibt. Das Beste an allem ist aber, dass ich einfach mache. Ich habe die erste Zeile Code geschrieben, auch wenn das Falsch war. Denn eigentlich hätte ich erst anfangen müssen mit den Kundeninterviews, um zu sehen, ob das Problem überhaupt existiert und was die Kunden wollen. Im Grunde genommen ist es eine Kombination aus Extrovertiertheit, logischem Denken, Strategie und Handeln. Manchmal bin ich zu schnell im Tun und daran arbeite ich gerade. Man kann nicht in allem gut sein. Wenn man weiß, dass man in etwas nicht der Beste sein kann, dann sollte man es eigentlich jemand anderes machen lassen.“

KSG: „Gibt es für dich Vorbilder, die du hast?“  

Max: „Ich habe nicht so dieses eine klassische Vorbild. Ich würde aber sagen, dass mein Vater mir sehr wichtig ist. Man lernt sehr viel voneinander. Ich habe eher Vorbilder nach Bereichen. Letztes Jahr war bei der ETA futureCon Florian Faller, ein Trainer. Florian ist sehr gut im Reden. Wenn er sich auf die Bühne stellt, dann hört man das sofort. Daher würde ich sagen, dass im Rhetorik-Bereich Florian Faller mein Vorbild ist. In anderen Bereichen sind es andere Menschen.“

„Bei der Künstlichen Intelligenz sehe ich Gutes und Schlechtes.“

Max van Bentum
Gründer von Artificy

KSG: „Da du dich selbst intensiv mit KI beschäftigst. Wir stehen an einem Wendepunkt. KI ist gerade dabei, unser Leben zu revolutionieren. Wie siehst du die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz? Macht sie dir eher Angst, oder hast du keine Bedenken?“  

Max: „Ich sehe eher die Möglichkeiten von KI und habe mich sehr viel mit den ethischen Aspekten auseinandergesetzt. Gerade in meinem Startup achten wir auf den Datenschutz, Vor allem weil wir mit Gesundheitsdaten arbeiten. Deshalb müssen wir uns sehr absichern.

KI schafft sehr viele Möglichkeiten. Wenn man es von der anderen Seite beleuchtet, sehe ich aber auch große Probleme. Ich habe viele Studien dazu von den führenden Universitäten angeschaut. Dort kommen sie zu dem Schluss, dass langfristig gesehen KI die größte Bedrohung für die Menschheit darstellt. Ich bin überzeugt davon, dass spätestens in 100 Jahren wir KIs haben, die alles besser machen können, was ein Mensch jetzt kann. Man muss halt schauen, dass man die Künstliche Intelligenz weiterhin kontrollieren kann. Ich sehe da schon einige Gefahren. Wir Menschen sind an dem höchsten Punkt der Evolutionsstufe, weil wir die intelligentesten Wesen aktuell auf dem Planeten sind. Jetzt haben wir potenziell etwas geschaffen, dass intelligenter wird als wir. Das macht mir Bedenken, weil wir uns fragen müssen, was die KI eigentlich will. KI will immer mehr Belohnung. Langfristig gesehen stellen wir für KI eine Bedrohung dar, weil wir die Einzigen sind, die das Belohnungssystem verändern oder ausschalten können. Ein großes Problem sind auch die Fakenews und Deepfakes, die es in Zukunft geben wird. Meiner Meinung nach sollten in Zukunft die großen Plattformen verpflichtet werden Deepfakes zu kennzeichnen, so dass man sie erkennt und als Nutzer bewusst entscheiden, kann sich so etwas anzuschauen, wissend, dass es keine originalen Informationen sind. So könnte der Konsument besser geschützt werden. Es ist unwahrscheinlich, dass wir die Technologie aufhalten können. Aber man sollte die Entwicklung der KI bei uns nicht zu sehr regulieren, da andere Länder wie China oder USA weitermachen werden und mit uns im Wettbewerb stehen.“

KSG: „Wenn du etwas mit einem Fingerschnipp auf der Erde sofort verändern könntest, was wäre das?“

Max: „Ich würde sagen, dass es die Grundeinstellung des Menschen wäre, was ich verändern würde. Ich würde dafür sorgen, dass jeder jeden toleriert. Toleranz ist der Anfang, so könnten Kriege verhindert werden. Man würde niemanden aus Hunger sterben lassen, weil man ihn toleriert. Ich würde mir wünschen, dass alle Menschen sich gegenseitig tolerieren und im nächsten Schritt respektieren und helfen.“  

KSG: „Siehst du dich selbst als spätere Führungskraft? Was für eine willst du sein?“

Max: „Ich sehe mich selbst als Führungskraft, aber aktuell als eine, die sehr gut dabei ist, Probleme zu identifizieren und Ideen zu entwickeln und den ersten Schritt zu machen. Wenn man später erfolgreicher ist mit einem Unternehmen, das man aufgebaut hat, dann bin ich mir sicher, dass man dann auch Leute findet, die darin kompetenter sind und mehr Ahnung haben. Ich möchte eine Führungskraft sein, die allen zuhört, niemanden dafür bestraft, wenn irgendwelche Fehler gemacht werden oder es Probleme gibt. Denn, wenn man eine Atmosphäre schafft, wo jeder bestraft wird, der Fehler macht, dann werden die Fehler nicht mehr erzählt. Außerdem sollte jeder seine Ideen einbringen können. Ich bevorzuge eine positive Fehlerkultur und das alle gehört werden. Ich möchte eine menschliche, positive Führungskraft sein, die seine Mitarbeiter kennt.“

Wir bedanken uns sehr für die persönlichen Einblicke von Max und wünschen ihm auf seinem Weg viel Freude und Erfolg!

Die Bewerbungfrist für den nächsten Durchgang der Entrepreneurship Talent Academy (ETA) läuft noch bis zum 9. Juni 2024.